Donnerstag, 15 Dezember 2016 12:15

Eigenbedarfskündigung

 

Nach dem Urteil des BGH vom 14.12.2016, Az.: VIII ZR 232/15, schreien viele Mieterschutzverbände laut auf. Interessenvertreter der Vermieter freuen sich hingegen. Die neue Entscheidung des BGH zu Eigenbedarfskündigungen spaltet die Lager, gezwungenermaßen.

 

Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob eine zu wirtschaftlichen Zwecken gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) die Möglichkeit hat, wegen Eigenbedarfs dem Mieter einer ihrer Immobilien zu kündigen. Die Besonderheit lag darin, dass nicht die GbR selbst, also alle Gesellschafter ein Interesse an der Kündigung des Mieters hatten, sondern nur einer von vier Gesellschaftern.

Des Weiteren hatte der BGH darüber zu entscheiden, ob durch das Unterlassen des Anbietens von Ersatzwohnraum, die GbR ihr Recht zur Kündigung wegen Eigenbedarfs „aufgegeben“ hatte.

Die Frage des Schutzes von Mietern vor der Eigenbedarfskündigung einer GbR ist eigentlich keine Neue. Der BGH vertritt schon seit langem die Auffassung, dass der eigentlich nur auf natürliche Personen anwendbare § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auch für die Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft gilt.

Der BGH musste sich mit dieser Frage nur deshalb erneut auseinandersetzen, weil das im Instanzenzug vor dem BGH entscheidende Landgericht eine andere Auffassung aus Mieterschutzgesichtspunkten vertreten hatte, nämlich, dass § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB den Mieter vor dem Kündigungsrecht einer unüberschaubaren Menge an Vermietern schützen solle und deshalb der Eigenbedarf eines der Gesellschafter eine Eigenbedarfskündigung nicht begründen könne.

Dieser Argumentation tritt der BGH entgegen und bestätigt seine althergebrachte Rechtsauffassung mit Verweis auf § 577 Abs. 1 a Nr. 1 BGB und der gesetzgeberischen Kenntnis der möglicherweise eingeschränkten Rechtsschutzmöglichkeiten für die Mieter die ihre Wohnung von einer Personengesellschaft angemietet haben.

Neu, und damit womöglich der interessantere Punkt der Entscheidung des BGH ist, dass das gewohnheitsrechtlich anerkannte Institut der Anbietpflicht aufgeweicht wurde.

Bis zu der Entscheidung des BGH vom 14.12.2016 führte das Unterlassen des Anbietens einer Ersatzwohnung für die Mieter dazu, dass die Kündigung wegen Eigenbedarfs unwirksam wurde, soweit die Möglichkeit der Verschaffung von Ersatzwohnraum bestand. Dies war auch damit begründet worden, dass die Schutzinteressen des Mieters „ein Dach über dem Kopf zu haben“ die Interessen des Vermieters an freier Vertragsgestaltung überwogen.

Die Verletzung der Anbietpflicht durch den Vermieter hat nun nicht mehr die Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung zur Folge, „denn hierdurch stellt sich eine - rechtswirksam- ausgesprochene Kündigung nicht nachträglich als unzulässige Rechtsausübung dar. Vielmehr zieht es eine Verletzung der mietvertraglichen Rücksichtnahmepflichten (…) nach sich“, die Schadensersatzansprüche des Mieters begründen können. Hiervon umfasst wären dann vor allem Umzugskosten oder Maklerkosten

Fazit: Auch wenn eine rechtsfähige Personengesellschaft zu dem Zweck "Instandsetzung, Modernisierung und dem Ausbau des Anwesens, dessen Vermietung sowie nach Möglichkeit der Aufteilung in Wohnungseigentum" gegründet wurde und somit insbesondere wirtschaftlichen Interessen dient, besteht die Möglichkeit einzelner Gesellschafter die Kündigung von Mietverhältnissen aufgrund bestehenden/begründeten Eigeninteresses auszusprechen.

Kommt ein Vermieter seiner mietvertraglichen Anbietpflicht nicht nach (die er bei einer Eigenbedarfskündigung regelmäßig hat) wird die Eigenbedarfskündigung nicht unwirksam, es bestehen allenfalls Schadensersatzansprüche des Mieters.

Rechtsanwälte Struck vertreten sowohl Mieter als auch Vermieter in allen mietrechtlichen Streitigkeiten. Vereinbaren Sie gerne ein Beratungsgespräch in unserer Kanzlei auf der Kaiserstraße 61, 44135 Dortmund.

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